In Gera will die rot-rot-grüne Landesregierung Spekulanten 5000 Wohnungen entziehen, so MP Ramelow am Wochenende. Das sind jene 5000 kommunalen Wohnungen, welche die Stadt Gera vor ein paar Jahren an einen Investor verkaufte, um Geld in die leere Stadtkasse zu spülen. Das war ein eklatanter Fehler wie sich herausstellte. Aber da gibt es ja das Land Thüringen, dessen Regierung nun dafür Sorge trägt, der britischen Investmentfirma, die knapp 75 Prozent der Anteile an eben diesen 5000 Wohnungen hält, diese wieder abzukaufen. Als Kaufpreis werden in den Medien 50 bis 55 Millionen Euro genannt. Zusätzlich will das Land der Stadt Gera noch 19 Prozent von jenen Anteilen abkaufen, die diese noch an der betroffenen Wohnungsgesellschaft hält. Als Einkaufspreis dafür werden in der Presse 15 bis 20 Millionen Euro gehandelt. Der Freistaat wird dann 94 Prozent an diesen Wohnungen und ihrer Gesellschaft halten und Gera ist fein raus. Es geht insgesamt um ca.70 Mio. Euro. Das Geld soll aus dem Sondervermögen des Landes fließen oder die landeseigene Thüringer Aufbaubank soll es richten, also eine Bank, die mit Steuergeld der Bürger arbeitet. Bei der Gelegenheit sollen gleich noch ein paar Grundstücke rund um das Geraer Kulturzentrum erworben werden, damit eine großzügige Sanierung des Objektes in Gang gesetzt werden kann. Der Mehrwert müsse für die Bürger Geras spürbar sein, so hat es MP Ramelow begründet. Sein SPD-Wirtschaftsminister Tiefensee wird diese Segnungen mit Gewissheit befördern, schließlich ist er im Wahlkreis Gera II Landtags-Spitzenkandidat seiner Partei. Aber mit Wahlkampf hat das ja alles nichts zu tun!
Natürlich sind wir Suhler Freien Wähler durchaus ein wenig neidisch ob solcher generösen Unterstützung für das kreisfreie Gera. Uns hat das Land zwar im späten Frühjahr auch 18 Millionen Euro zur Schuldentilgung angeboten, allerdings unter der Bedingung der Einkreisung in den Landkreis, was aus bekannten Gründen vertagt wurde. Mit diesen 18 Millionen hätten wir die Restschulden abtragen können, welche unsere Stadt noch auf dem Konto zu stehen hat, weil sie 2009 die Suhler städtische Wohnungsbaugesellschaft GeWo mit der Übernahme eines großen Kredites vor der Zerschlagung und damit vor dem Verkauf an Spekulanten rettete. Für Suhl war das ein harter Einschnitt, denn es hieß, den finanziellen Gürtel noch enger zu schnallen und auf viele Investitionen zu verzichten. Wir haben die GeWo mit ihren heute 4950 Wohnungen für Suhl und viele Bürger unter großen Anstrengungen gerettet und damit die Immobilien-Haie abgewehrt. Unsere städtische Wohnungsgesellschaft ist nach zehn Jahren durch harte Sparmaßnahmen und Einschnitte wieder handlungsfähig, was Mieter durch Verbesserungen ihres Wohnstandards durchaus merken. Dennoch muss die GeWo noch lange Zeit einen sehr hohen Kapitaldienst leisten. Dieser liegt über den Durchschnitt der Thüringer Wohnungsgesellschaften. Diese Belastung geht natürlich zu Lasten von Investitionen in Neubau und Sanierung. Und Geld in die Stadtkasse abgeben, wie andere Wohnungsunternehmen das leisten, ist in Suhl verständlicherweise nicht drin. Stadt und Unternehmen sind deshalb dankbar für Förderprogramme des Bundes und Landes. Allerdings haben die auch ihre Tücken, wie wir aus der Praxis wissen. So sind in Suhl-Nord, wo dringend Gewerbeflächen erschlossen werden sollen, drei Wohnblocks komplett frei gezogen, demnächst kommt ein vierter hinzu. Der Abriss kann nicht erfolgen, weil die Förderung nur einen Bruchteil der Abrisskosten tragen würde. Von den enormen Altschulden, welche die GeWo zu stemmen hatte und hat, soll hier gar nicht die Rede sein.
Wir Suhler sind stolz und froh, unser städtisches Wohnungsunternehmen nicht in so eine missliche Lage gebracht zu haben wie das in Gera geschehen ist. Doch wo bleibt die Anerkennung dafür? Die Wertschätzung? Wir erleben ständig das Gegenteil. So wird über uns als Schuldenstadt gespöttelt obwohl wir trotz schwieriger Finanzlage konsequent Schulden abgebaut haben. Wir gehören in Thüringen längst zu den kreisfreien Städten mit der niedrigsten Pro Kopf-Verschuldung. Dafür werden wir jetzt bestraft: Schulden, die wir nicht mehr haben, muss man uns nicht abnehmen. Die finanziellen Brennpunkte der Stadt wie CCS, Waffen- und Fahrzeugmuseum, Tierpark sind dem Land keine dauerhafte Unterstützung wert.
Wo bleibt in diesem rot-rot-grün regierten Land, das sich so gerne sozial nennt, eigentlich die Gleichbehandlung der Kommunen?
Ingrid Ehrhardt, Fraktionsvorsitzende Freie Wähler Suhl
Brigitte Günkel, Vereinsvorsitzende Freie Wähler Suhl