Unser Stadthaushalt hat doch sehr viel Ähnlichkeit mit dem alten Kinderlied "Wenn der Topp aber nun ein Loch hat"! Auch der Suhler Versuch, den Topf zu flicken, währt scheinbar unendlich. Irgendwie ging es schließlich immer und Suhl ist ja trotz klammer Kassen eine ganz passable, lebens- und liebenswerte Stadt mitten im Thüringer Wald. Doch seit ein paar Jahren nehmen die Sparmaßnahmen an Schärfe zu und das Bangen, dass die Löcher im Haushalts-Topf nicht mehr zu schließen sind, wird immer größer.
Freilich, es geht sogar ganz ohne Haushalt - aber wie, das haben wir im letzten Jahr erlebt. Als Stadtrat müssen wir ein originäres Interesse haben, einen Haushalt für Suhl hinzubekommen. Wie wollen wir denn sonst überhaupt in der Stadt mitregieren? Der Haushalt ist die wichtigste Grundlage für Kommunalpolitik.
Und es gibt auch kein gutes Bild nach außen, wenn die Stadt ohne Haushalt ist. Die mediale Botschaft kreist dann penetrant als Pleitegeier über Suhl. Jeder Monat, der länger diskutiert und debattiert wird, ist angetan, dem Image unserer Stadt Schaden zuzufügen.
Wir waren in der Stadtratssitzung am 29. Juni 2011 endlich an dem Punkt, den Haushalt zu beschließen, weil Stadträte aller Fraktionen gemeinsam mit der Verwaltung nach einer kompromissfähigen Lösung gesucht haben. Das war keine leichte Aufgabe!
Die Fraktion "Aktiv für Suhl" beharrt nun auf eine zweite Lesung. Gleichzeitig kündigte sie an, den Haushalt nicht mitzutragen, da er gegen geltendes Recht verstoße. Weshalb also das ganze Theater? So kann man sich politisch besser in Szene setzen. Aber die Frage ist doch: Wem nützt es, wenn die Beschlussfassung des wichtigen Dokuments weiter verzögert wird? Ganz bestimmt nicht den Bürgern, Vereinen, Projekten!
Die Fraktion der Freien Wähler wird diesen Haushalt 2011 mittragen, weil wir ihn für zustimmungsfähig halten. Mit Blick auf das Vorjahr freuen wir uns sogar über den erreichten Stand, den wir alle gemeinsam hinbekommen haben. Es ist kein Wunder geschehen, sondern dies ist eine großartige Leistung der Fraktionen, des Finanzausschusses und seiner speziellen Arbeitsgruppe sowie der Verwaltung. Wir wissen alle, unter welchen Schmerzen und Einsparungen dies geschah, welche Kompromisse gefunden werden mussten. Ich möchte nur an das 53-Punkte-Haushaltssicherungskonzept erinnern.
O ja, es ist mitunter schon ein Paket der Grausamkeiten und es steht den Grundsätzen von Stadträten doch sehr entgegen: statt den Bürgern und Unternehmen zusätzliche Leistungen zu geben, müssen wir Gebühren und Steuern erhöhen, Einrichtungen wie die Freibäder schließen, Leistungen kürzen...
Wir Freien Wähler haben uns von Anfang an mit konkreten Vorschlägen zur Haushaltsplan-Erarbeitung beteiligt. Wir finden es richtig, dass weiter gezielt daran gearbeitet wird, die Personalkosten zu reduzieren. In diesem Jahr sind es durch sozial verträglichen Stellenabbau fast 800.000 Euro weniger im Plan als noch im Vorjahr. Gut auch, dass es gelungen ist, nun endlich Bauhof und Stadtbetrieb zusammenzuführen, dass wichtige Investitionen in der Stadt weitergeführt werden, das Stadtentwicklungskonzept vorangebracht wird, ja auch, dass weiter mit Haushaltsdisziplin und Haushaltssperren gearbeitet wird. Unser großes Ziel muss es sein, Eigenmittel zu regenerieren, um Fördermittel in Anspruch nehmen zu können. Nur so können wir den Investitionsstau abbauen, dem Werteverzehr entgegenwirken und Brückenbauwerke, Stützmauern, Straßen, Schulen etc. reparieren und sanieren. Wir dürfen uns nichts vormachen, denn durch die Sparkurse in Bund und Land werden auch Fördermittel immer knapper.
Wir haben freiwillige Leistungen weiter reduziert, wir müssen aber auch bei den Pflichtleistungen genauer hinsehen. In nur fünf Jahren haben sich die Sozialausgaben von 11 auf 17 Mio Euro erhöht! Es gibt dort durchaus Spielräume.
Wir sagen nach wie vor, Geld für Kinder- und Jugendarbeit muss vor allem eingesetzt werden in der Nachmittagsbetreuung an Schulen, für Schulsozialarbeiter, für Sport- und Kulturvereine, die sich um Kinder kümmern. Dieses Netz müssen wir noch breiter ziehen, sollen uns die Sozialausgaben nicht noch weiter davon laufen.
Unsere Stadt hat wie Gera, Eisenach und viele andere Thüringer Städte strukturelle Finanzprobleme. Diese sind so gravierend, dass Schritte des Landes dringend notwendig sind. Doch notwendige Entscheidungen zur Struktur- und Finanzpolitik werden immer wieder verschoben. Um so erstaunlicher ist es immerhin, dass die Suhler Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung bis in die Thüringer Staatskanzlei gedrungen sind und CDU-Ministerpräsidentin Lieberknecht im "Freies Wort"-Interview Suhls Stadtrat und Stadtverwaltung für ihre Bemühungen lobt.
Bei aller Freude, den Haushalt doch noch hinbekommen zu haben, lassen wir uns den Blick natürlich nicht trüben. Denn wir dürfen nicht vergessen, dass wir ca. 6,5 Mio Euro an Haushaltsdefiziten und Überbrückungshilfen aus Vorjahren in 2011 nicht ausgleichen können. Auf Seite 85 des Haushaltsplanes findet sich aus unserer Sicht der wichtigste Satz: "Der Finanzplan birgt viele Unwegsamkeiten. Zur künftigen Gewährleistung der dauernden Leistungsfähigkeit sind die Fortsetzung des bestehenden Konsolidierungsprozesses und die Umsetzung neuer Haushaltssicherungsmaßnahmen unerlässlich."
Es kann deshalb nur eine Strategie geben, soll Suhl so lebens- und liebenswert bleiben wie es gegenwärtig ist: Nicht Gift und Galle spucken, sondern gemeinsam und fraktionsübergreifend an der Sache Haushaltskonsolidierung arbeiten!
Ingrid Ehrhardt, Fraktionsvorsitzende Freie Wähler Suhl